Nuklearkatastrophe könnte Gefahr für Deutschland darstellen


Tschernobyl, USSR. In der vergangenen Nacht ereignete sich im Norden der ukrainischen SSR der bislang schwerste Unfall mit Radioaktivität in friedlicher Nutzung. Um 1:23 Uhr Ortszeit (23:23 Uhr MESZ am Vortag) kam es zu heftigen Explosionen im Reaktorblock 4 des Kraftwerks. Die Auswirkungen werden bis in Deutschland zu spüren sein und stellen eine ernsthafte Gefahr für die Bevölkerung dar.

Das aktuelle Bild hat keinen Alternativtext. Der Dateiname ist: b2-scaled.jpg

Ursachen für den Super-GAU

Das Kraftwerk Tschernobyl befindet sich in der gleichnamigen Region nahe der Stadt Prypjat und ist mit wassergekühlten Druckröhrenreaktoren nach sowjetischer RBMK-Bauart ausgestattet. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Form der Kernreaktoren, bei der sich die Brennelemente nicht gemeinsam in einem Behälter sondern getrennt in einzelnen Röhren befinden.

Geplant war ein langsames Abschalten des Reaktorblock 4 im Zuge einer routinemäßigen Instandhaltung. Zur gleichen Zeit sollten Versuche zu Sicherheitseigenschaften der Reaktoren durchgeführt werden. Dabei sollte geprüft werden, wie das Kraftwerk bei gleichzeitigem Kühlmittelverlust und Stromausfall sicher gekühlt werden kann. Man wollte versuchen, die geringe Zeit von ca. 45 Sekunden zwischen dem Stromausfall – und somit auch dem Ausfall weiterer essenzieller Kühlung – sowie dem Anlaufen der Notstromaggregate durch die Rückgewinnung von Rotationsenergie der Turbinen zu überbrücken.

Bereits zu Beginn der Versuchsdurchführung kam es zu besorgniserregenden Umständen, die einen Abbruch des Versuchs erfordert hätten. Zu den Ursachen für die Nuklearkatastrophe gehören somit das Unterbleiben wichtiger Risikobeachtung sowie der aktive Verstoß gegen Vorschriften. Hinzu kommen konstruktionsbedingte Umstände, die den massiven Temperaturanstieg in den Druckröhren, welcher letztendlich zur Explosion führte, begünstigten. Weiterhin behaupten Kritikerinnen und Kritiker der Nuklearnutzung, auch in der Versuchsplanung seien zu wenige sowie unzureichende sicherheitstechnische Anforderungen aufgestellt worden.

Ablauf vor Ort

Durch den massiven Temperaturanstieg hielten die Druckröhren nicht mehr stand und es kam zu mindestens zwei Explosionen. Dabei wurden alle Abdeckungen und das Inventar sowie das Dach des Gebäudes zerstört. Außerdem wurde der Graphitblock, der eigentlich als Moderator dient und eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Kernspaltungsreaktionen spielt, in Brand gesetzt. Dieser Katastrophe fielen zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Menschen zum Opfer. Mittlerweile ist es der Werksfeuerwehr gelungen, die Brände zu löschen und den daneben liegenden Reaktorblock 3 abzuschalten. Die Kraftwerksleitung hat bei einer Meldung nach Moskau angekündigt, die anderen beiden Blöcke würden in nächster Zukunft ebenfalls heruntergefahren.

Die sowjetische Regierung hat von einer nötigen Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahrensituation bislang abgesehen und wird vermutlich weiterhin versuchen, das Ereignis im Sinne der zensierten Informationspolitik von der Öffentlichkeit abzuschirmen. So fand bisher noch keine Evakuierung in den umliegenden Dörfern und Städten statt, andere Schutzmaßnahmen wie beispielsweise eine Verhängung von Ausgangssperrungen wurden ebenfalls nicht ergriffen.

Erwartbare Medienpräsenz

Es ist davon auszugehen, dass die UdSSR eine mediale Ausbreitung der Katastrophe auch auf globaler Ebene vermeiden möchte. Dieser Umstand erschwert eine umfassende Recherchearbeit. Zudem wird es zu großen Unterschieden in der Reaktionsweise sowie der Forderung von Maßnahmen von Experten und politischen Organen kommen. Sybille Heimstädt, Ressortleiterin unserer wissenschaftlichen Abteilung, behauptet in diesem Zuge: „Es ist ratsam, sich umfassend und regelmäßig über die aktuelle und regionale Situation zu informieren. Kurzzeitige Einschränkungen im eigenen Alltag sind sicherlich auf lange Sicht weniger dramatisch als ungeahnte Spätfolgen der radioaktiven Belastung.“

Ungewisse Aussichten

Aufgrund des Graphitbrandes und den daraus resultierenden hohen Temperaturen sind große Mengen radioaktiver Schadstoffe in höhere Luftschichten aufgestiegen und bilden nun eine Wolke. Redaktionsmitglied und Meteorologe Dr. Matthias Stamer rechnet in den kommenden Tagen mit Winden aus Osten und Südosten, wodurch es wahrscheinlich sei, dass die radioaktive Wolke innerhalb weniger Tage auch Deutschland erreicht.

Die Schwere der Folgen ist bislang nicht konkret abzuschätzen. Da es sich jedoch um Radioaktivität handelt, welche für Menschen in größeren Dosen hochgefährlich ist, werden weitgreifende Maßnahmen nötig sein, um sich und seine Kinder ausreichend zu schützen.

Die Redaktion bemüht sich darum, Sie im Lokalteil mit Informationen und Ratschlägen für ein sicheres Handeln auf dem aktuellen Stand zu halten.