Während sich die Welt langsam ein Bild vom Ausmaß der Reaktorkatastrophe im sowjetischen Tschernobyl zu machen versucht ,dringen auch persönliche, bewegende Geschichten an die Oberfläche.Eine davon betrifft die Schriftstellerin Christa Wolf. Der 26. April war der entscheidende Tag, an dem das große Unglück passiert ist. Doch Wolf war nicht etwa am Schreibtisch oder vor dem Radio, sondern im Krankenhaus. Dort wartete ihr Bruder auf eine anstehende Hirnoperation. Während draußen die Nachrichtenlage aus der Sowjetunion düsterer wurde, war sie umgeben von der Klinik und der Sorge um Ihren Bruder und dem seltsamen Gewissen, dass draußen etwas geschah, das weit über das persönliche hinausging. Sie soll etwas von einer unklaren, gefährlichen Lage mitbekommen haben. Erst später wurde ihr bewusst, dass es sich um die bisher schlimmste Reaktorkatastrophe der Geschichte handelt. Christa Wolf dachte viel über die Beziehung zwischen Mensch, Technik und der Verantwortung nach. Ein besorgniserregendes Weltereignis während einer eigenen, ganz persönlichen Krise sei eine wahrliche Herausforderung gewesen. Zwei Arten von Katastrophen nebeneinander zu durchleben ist ein schwerer Schicksalsschlag. Zum einen die persönliche Krise, zum anderen die Globale Krise, die Verantwortung, die man für seine Familie trägt, und jene, die man für sich selber trägt. Frau Wolf fing an, die parallelen ihrer beiden Krisen zu sehen, wie zerbrechlich der Mensch ist und wie wenig Kontrolle wir tatsächlich über das haben, was in und um uns herum passiert.Christa Wolf: Eine Frau, die beides aushalten musste. Die Angst um einen geliebten Menschen und die Furcht vor einer Welt, die aus dem Gleichgewicht geraten ist. Uns kann klar sein: Inmittten einer Katastrophe, die schwer zu begreifen ist, stehen auch persönliche Schicksale, Christa Wolfs Tag im Ausnahmezustand erinnert uns daran, dass bewegende Geschehnisse nicht nur auf der großen Bühne stattfinden, sondern oft auch hinter geschlossenen Türen.