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Die Nachrichten rund um den Unfall in Tschernobyl sind unklar, geheimnisvoll und gleichzeitig erschreckend. Natürlich ist die Katastrophe selbst schlimm, aber das wirklich Erschütternde ist nicht der Unfall, es ist das Schweigen der Behörden.
Niemand weiß wirklich, was genau passiert ist. Langsam fragt man sich wirklich: Ist das noch Zufall?
Schon kurz nach dem Unfall war klar, dass etwas vertuscht werden soll. Schweden meldeten erhöhte radioaktive Strahlung in der Luft. Doch aus Moskau? Nichts. Erst nachdem die Internationale Presse den Druck erhöhte, wurde sich überhaupt dazu geäußert. „Es hat einen Unfall gegeben” mehr nicht. Keine klaren Informationen, keine Zahlen, keine Erklärungen.
Man hört immer wieder den selben Satz „Keine Gefahr für die Bevölkerung.” Aber wie sollen wir Bürger das glauben und wie soll das uns beruhigen, wenn wir nicht einmal klare Fakten bekommen und Experten aus dem Westen längst von radioaktiven Wolken sprechen.
Menschen werden in Gefahr gebracht. Während die Behörden diskutieren, ob man uns die Wahrheit zumuten kann, spielen Kinder draußen, Menschen essen das Gemüse aus ihren Gärten, ohne Bedenken. Wer keine Informationen gibt, nimmt den Menschen die Chance, sich selbst zu schützen.
Und all das, um Panik zu vermeiden. Aber was nützt uns Ruhe, wenn sie uns das Leben kosten könnte? Wir werden behandelt wie Versuchskaninchen.
Die Regierenden retten ihr eigenes Ansehen, während wir draußen ahnungslos im Regen stehen.
Es wird von „sozialistischer Solidarität” gesprochen, jedoch bleibt uns die Wahrheit verwehrt. Wir sollen weitermachen, wie vorher, als wäre nichts. Vertrauen wird schnell verspielt. Wer jetzt lügt, dem glaubt man auch später nicht.
Wenn sie uns hier belügen – was verheimlichen sie uns noch?
Vielleicht ist die Gefahr größer, als wir denken. Aber es reicht. Wir haben ein Recht auf Wahrheit. Auf Schutz.
Wir sind keine kleinen Kinder. Wir sind Familien, Schüler, Großeltern und wir haben Angst. Sie wächst immer weiter, weil man uns im Dunkeln lässt.