Am frühen Morgen dann des 26. Nahe der Stadt Prypjat ereignete sich im April 1986 ein Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl. Betroffen war nämlich der Reaktorblock 4 (Sowjetunion, Ukrainische SSR). Laut offiziellen Angaben aus Moskau gab es einen “Störfall”, als im Reaktorkern ein Test explodierte. Laut offiziellen Angaben ist einer der Reaktorkerne bei einem Test explodiert, die sowjetische Regierung nannte diesen Vorfall „Störfall“. Der Vorfall wurde zuerst nicht öffentlich verkündet, doch internationale Fachleute reden bereits von einem der schlimmsten nuklearen Unfälle der Geschichte. Erst als am 28. April, nachdem in schwedischen Kernkraftwerken erhöhte Strahlenwerte gemessen wurden, erfolgte die Reaktion der sowjetischen Regierung mit einer ersten Erklärung. Es hieß, dass ein Reaktor beschädigt worden sei und zur Eindämmung der Folgen, entsprechende Maßnahmen eingeleitet worden seien. Die internationale Reaktion ließ nicht lange auf sich bis zum Eintreffen warten. Erste Schutzmaßnahmen sind in Schweden, Norwegen und Finnland diskutiert worden. Westliche Medien berichteten beinahe rund um die Uhr über die Entwicklungen und zeigen unter Anderem Karten, welche über die Ausbreitung der radioaktiven Wolke informieren. Es wurden Experten zitiert, welche mit Nachdruck auf die mögliche Gefährdung von Europa hinwiesen, und ein Sprecher des Schwedischen Strahlenschutzinstituts SSI erklärte: „Die radioaktive Belastung ist in Nord- und Mitteleuropa messbar.“ Eindeutig handelt es sich hierbei um einen großflächigen Freisetzungsunfall. Inzwischen sind auch in der DDR erhöhte Radioaktivitätswerte festgestellt worden. Jedoch fehlen bislang klare Informationen durch offizielle Stellen noch immer. „Der Wind und das Wetter beeinflussen die Verteilung des radioaktiven Materials über die Atmosphäre“, äußerte ein Physiker der Universität Leipzig, welcher anonym bleiben möchte: Derzeit ist die Bevölkerung weitgehend auf Informationen aus dem Ausland angewiesen. Auch Mitteleuropa könnte möglicherweise kontaminiert werden. Schutzmaßnahmen sollten vorbereitet werden.
Trotz des weiterhin begrenzten Informationsflusses wächst die Besorgnis in der Bevölkerung. In mehreren Ländern – darunter Westdeutschland, Frankreich und Österreich – wurden Maßnahmen empfohlen oder ergriffen: Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, Einschränkungen für Kinder im Freien und Hinweise zur Strahlenbelastung.
Ein Lehrer aus Erfurt berichtete uns: „Die Schüler fragen, ob sie noch draußen spielen sollen. Ich kann ihnen keine Antwort geben, weil auch wir Lehrer keinerlei Informationen erhalten haben.“ Die Ereignisse werfen nicht nur sicherheitstechnische, sondern auch politische Fragen auf:
Wie transparent sind Behörden im Krisenfall? Und: Welche Rolle spielen diplomatische Beziehungen in einem solchen länderübergreifenden Ereignis? Wie konnte es zu so einem solchen Vorfall mit solch Folgen kommen? Weshalb wurde die internationale Öffentlichkeit erst verspätet informiert? Welche Risiken bestehen weiterhin für die Bevölkerung in den betroffenen Regionen? Werden auch nicht als betroffene Regionen langfristig gefährdet bzw. bedroht? Bislang ist nicht klar, wie viele Menschen verletzt oder langfristig gesundheitlich geschädigt wurden. Auch zur Umweltschädigung und zur Dauer der radioaktiven Belastung gibt es noch keine offiziellen Zahlen. Internationale Atomenergieexperten fordern eine unabhängige Untersuchung. Fazit: Der Reaktorunfall in Tschernobyl stellt nicht nur eine regionale Katastrophe dar, sondern offenbart die Verletzlichkeit sogenannter hochtechnisierten Systeme. Auch in der DDR sind die Auswirkungen spürbar, und die Diskussion um die Zukunft der Kernenergie dürfte an Dynamik gewinnen. Der Vorfall markiert einen Wendepunkt in der Debatte um Sicherheit, Information und Verantwortung im Atomzeitalter
Fazit: Der Reaktorunfall in Tschernobyl muss ein Wendepunkt im europäischen Sicherheitsdenken werden. Er betrifft nicht nur die Sowjetunion, sondern offenbart die grenzenlose Natur sowie Gefahr technologischer Risiken. Er stellt, nein er provoziert die Frage nach Verantwortung – in Technik, Politik und Gesellschaft. Und er zeigt: In Zeiten globaler Gefahr ist offene Information keine Option, sondern Pflicht.
(Maximilian Hilgert)